16.11.2020 // Interview

#wecanbeheros

Hallo Anna! Erzähl uns doch mal, wie es dazu kam, dass du bei der Hero Textil AG angefangen hast.

Ich bin etwas untypisch zu Hero gekommen. Nach meinem Bachelor in Internationaler Wirtschaft und Entwicklung an der Uni Bayreuth und dem Master in Augsburg in Friedens- und Konfliktforschung habe ich hier nur einen Ferienjob gemacht, während ich eigentlich weltweit auf Jobsuche war. Nach kurzer Zeit wurde mir dann die Stelle als Personalmanagerin angeboten, weil Hero zwischen 2014 und 2016 in Umsätzen und Beschäftigen schnell gewachsen war. Da habe ich gedacht: Verlieren kann ich nichts und habe das einfach mal probiert! Und siehe da – es sind vier Jahre vorbei und ich bin sehr froh über meine Entscheidung. Ich hatte immer den Traum auf politischer Ebene Friedensarbeit zu machen. Doch jetzt mache ich das auf Unternehmensebene im Kleineren und habe festgestellt, dass ich hier viel mehr erreichen kann. Das macht mich sehr glücklich.

Was fasziniert dich denn an deiner Arbeit als Personalverantwortliche?

Ganz klar die Menschen. Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten. Es sind außerdem die Konflikte oder anders ausgedrückt: die Kommunikation. Wie kommuniziere ich so, dass ich verstanden werde, wie löse ich zwischenmenschliche Unstimmigkeiten und Missverständnisse. Ich sehe Konflikte per se auch nicht als negativ. Sie sind notwendig, damit wir uns alle weiterentwickeln. Kalte Konflikte müssen auch mal angezündet werden, damit sich der Knoten lösen kann. Also grundsätzlich fasziniert mich die Frage, wie der Mensch tickt und da gibt es auch immer wieder Überraschungen. „Nothing surprises me I work in HR“ – eine Karte mit diesem Spruch habe ich mal auf einer Messe gesehen und beschreibt diesen Bereich eigentlich ziemlich gut.

Wie stellst du dich denn im Alltag diesen Herausforderungen?

Ich gehe jeden Morgen durch die gesamte Firma und wünsche jedem persönlich einen guten Morgen. So haben alle die Chance mich anzusprechen, wenn irgendwo einmal der Schuh drückt. Da versuche ich einfach so empathisch wie möglich, mit viel Einfühlungsvermögen den Leuten zu begegnen. Bei 50 Kolleg*innen merke ich dann auch schnell, wenn jemand mal anders auf mein „Guten Morgen“ reagiert als sonst. Ich versuche Nähe aufzubauen, die Tür offen zu haben und mir konkret Zeit für jeden zu nehmen.

Oft sprechen wir ja vom verflixten siebten Jahr in Beziehungen. Wie war das Jahr 2020 für dich?

Die Beziehung wurde in diesem Jahr schon auf die Probe gestellt, weil jeder erst einmal privat und dann auch im Unternehmen den Umgang mit Corona lernen musste. Bei ca. 50 Beschäftigten im Unternehmen reagiert jeder anders und ich persönlich wurde auf eine andere Art und Weise gefordert als in den Jahren zuvor. Personalverantwortliche müssen in solchen Krisen noch flexibler auf die Menschen eingehen. Denn während die einen Angst haben und Beruhigung brauchen, gehen andere sorgloser mit dem Thema um und müssen stärker aufgeklärt werden. Das war auch im Kreise der Geschäftsleitung eine ganz neue Situation. Es ist ein Jahr der Veränderungen und Herausforderungen, aber auch ein Jahr der Reflektion. Ich versuche auch immer, Chancendenkerin zu sein. Klar ist alles schwieriger, anstrengender und stressiger. Es sind gerade so viele Unsicherheiten und Ängste in der Gesellschaft, das drückt sich natürlich auch im Unternehmen aus. Deswegen sehe ich meine Aufgabe darin, dass ich versuche, diesem kleinen Mikrokosmos Hero eine Art von Stabilität und Sicherheit zu geben. So gut es eben geht. Jeden Tag dazu zu lernen, neue Themen anzugehen und die wiedergefundene Zeit, neu, aber auch sinnvoll zu nutzen und einzusetzen, bestärkt mich in der Meinung, dass diese Krise auch etwas Gutes hat.

Welche Themen sind denn für dich stärker in den Fokus gerückt?

Das sind ganz klar vier große Themen: Als erstes die New Work/Agilität, dann die Personalentwicklung, denn da müssen wir größer und weiter in die Zukunft denken. Das dritte Thema ist Leadership und zuletzt hat die Nachhaltigkeit meiner Ansicht nach noch mehr an Bedeutung gewonnen. Diese großen Themen beschäftigen mich privat und beruflich, da sie in gewisser Weise alle zusammengehören. Das greift alles ineinander und ich versuche hier wieder im Kleinen, Impulse zu geben und zu verändern. Doch auch Impulse von außen, wie z. B. das Young Textiler Network von Südwesttextil, geben Anstöße. Dies ist eine super Plattform, um sich mit anderen Unternehmen auszutauschen. Denn letztendlich sitzen wir alle im gleichen Boot und können viel voneinander lernen bzw. in partnerschaftlichen Kooperationen viel mehr bewegen.

Welche Ziele hast du dir denn für die nächsten Jahre gesetzt?

Wir entwickeln gerade ein Kompetenzmodell für die ganze Firma. Darauf aufbauend möchte ich Personalentwicklungsprogramme ins Leben rufen, wie z. B. Nachwuchs- und Führungskräfte mit speziellen Weiterbildungen fördern, um ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und gemeinsam vorwärts zu kommen. Beim Thema New Work ist unsere Vision, noch agiler zu werden. Die neuen Generationen, also ich ja auch (lacht), die fordern das. Es ist ein anderes Arbeitsverständnis, denn es gilt, breiter zu denken. Die Unternehmen müssen sich zwar treu bleiben, doch trotzdem den Wandel mitgehen und nicht stehen bleiben. Dies betrifft speziell die Produktentwicklung und das große Ganze. Wir möchten nachhaltiger werden. Es tut sich zwar schon etwas, aber das geht mir viel zu langsam, da die Thematik einfach sehr komplex ist. Die Erwartungen und Anforderungen stimmen häufig nicht überein, daher muss auf allen Seiten noch ein umfassenderes Umdenken passieren. Gerade bei der Nachhaltigkeit müssen die Unternehmen viel enger zusammenarbeiten, denn das Thema geht uns alle etwas an. Sehr gerne möchte ich mehr Frauenförderung machen, allgemein ist das Thema Diversität unheimlich wichtig. Aber wenn wir uns die Wirtschaft anschauen, dann sind Frauen nach wie vor weniger in Führungspositionen vertreten. Ich habe einen Glücksgriff gemacht, weil ich hier als Frau im Topmanagement bin und anerkannt werde. Diese Chance haben viele nicht. Da würde ich ebenfalls gerne etwas bewegen, auch über unsere Hero-Grenzen hinweg.

Was nimmst du an Erinnerungen aus diesem Jahr mit?

Ich finde es super beeindruckend, wie die Mitarbeiter*innen zusammenhalten. Trotz aller Kommunikationsschwierigkeiten durch Schichtarbeit und veränderte Arbeitszeiten macht jeder seine Arbeit. Wir können uns auf alle verlassen. Die Mitarbeiter*innen haben in der Hochphase im Lockdown Armbündchen mit nach Hause genommen und diese in ihrer freien Zeit gewendet. Ein Kollege war von Mitternacht bis 4 Uhr morgens Alleinunterhalter in der Firma, um die Maschinen laufen zu lassen. Es haben sich Leute freiwillig für ein Quarantäne-Team gemeldet, denn gerade zu Beginn wussten wir ja nicht, wie schnell das Gesundheitsamt vielleicht ein Unternehmen auch schließt. Zwölf Mitarbeiter* innen aus unterschiedlichen Teams waren bereit, im Notfall zwei Wochen Quarantäne im Unternehmen zu verbringen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Denn wir waren aufgrund der Armbündchen für die medizinische
Schutzausrüstung und später dann auch aufgrund der Mund-Nasen-Masken systemrelevant. Innerhalb von drei Wochen haben wir da ein neues Produkt entwickelt. Wir sind ein innovatives Team und halten zusammen. Das ist auf jeden Fall cool und wird mir in Erinnerung bleiben.


Vielen Dank für das digitale Interview und die spannenden Eindrücke!

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